29.06.2023 / WB

Mini-Löhne für Häftlinge sind nicht rechtens!

@ LucTeo auf Pixabay
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Resozialisierung steht im Vordergrund. Zwei Häftlinge hatten geklagt. Sie sehen ihre Arbeit mit rund zwei Euro pro Stunde zu niedrig vergütet. Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden. Die bisherigen Regelungen seien nicht verfassungsgemäß.

Das Bundesverfassungsgericht gab zwei Häftlingen Recht, die gegen die Höhe ihrer Vergütung geklagt hatten. Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger für Gefangene sind verfassungswidrig. Wie hoch der Lohn in den Werkstätten künftig sein soll, entschieden die Richter jedoch nicht. Dies sei vom Gesetzgeber zu entscheiden.

Die Bundesländer müssen die entsprechenden Gesetze bis spätestens Ende Juni 2025 anpassen, sagte Doris König, die Vorsitzende des Zweiten Senats. Es ist festzulegen und zu benennen, welche Leistungen die Gefangenen neben dem Arbeitslohn noch bekommen. Als Beispiele sind genannt Beiträge zur Arbeitslosenversicherung oder Gesundheitsleistungen. Ob damit die Löhne durch die Verrechnung von Leistungen faktisch steigen, ist nicht sicher.

In den meisten Bundesländern gibt es für Strafgefangene eine Arbeitspflicht, mit dem Ziel der Resozialisierung. Für die Gefangenen gibt es deshalb auch nicht den Mindestlohn. 2020 verdienten sie, laut Richterin König, zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro pro Stunde. In Deutschland arbeiten Gefangene sowohl in Eigenbetrieben der Justizvollzugsanstalten, im Auftrag für externe Unternehmen, in den Haftanstalten, wo sie für Tätigkeiten wie Waschen und Putzen eingesetzt werden.

Die Länderregelungen sind inzwischen unterschiedlich. Bis zur Föderalismusreform gab es für den Justizvollzug bundesweit einheitliche Regelungen. 1998 beanstandet das BVG, dass die Vergütungen zu niedrig seien. Die Berechnungsgrundlage wurde damals von fünf auf neun Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller gesetzlich Rentenversicherten angehoben. Dies ist nun 25 Jahre her.

Das Hauptziel der Arbeit soll die Resozialisierung sein, nicht die Vergütung, Die Gefangenen sollen das Gefühl eines normalen Arbeitsalltags haben und auf die Zeit nach ihrer Haft vorbereitet werden. Eventuell könnten Unternehmen in andere Länder mit niedrigeren Kosten abwandern, in denen sie günstiger produzieren können, und damit genau dieses Ziel durch den Wegfall von Arbeitsplätzen gefährden.

Die Resozialisierung als Hauptziel hat das BVG ausdrücklich bereits in den Leitsätzen des Urteils mehrfach betont. Damit werden die Tätigkeiten der Werkmeister in den Werkstätten indirekt als unverzichtbar bezeichnet. Denn durch Ausbildung und Arbeit gelingt Resozialisierung am besten. In der momentanen Situation des Fachkräftemangels kann hier der Einstieg in ein erfolgreiches künftiges Berufsleben gesichert werden. Die Tätigkeit in den Werkstätten der Vollzugsanstalten ist angesichts der Sozialstrukturen der Gefangenen nicht einfach und sollte entsprechend Anerkennung finden. Besonders schwierige Bedingungen sollten auch finanziell vergütet werden, so z.B. auch im Umgang mit Sicherheitsverwahrten, bei denen eine Resozialisierung außerhalb der Mauern nicht in Frage kommt, allerdings eine Integration in die Gefangenengemeinschaft.

Das Urteil fordert auch regelmäßig eine Prüfung des Resozialisierungserfolgs. Damit verbunden sind schlüssige Konzepte zu entwickeln und Strukturen zu entwickeln. Die Regierung ist damit aufgefordert, tätig zu werden und das Urteil umzusetzen. Das Urteil umfasst mit den Leitsätzen insgesamt 67 Seiten.

Nimmt die Landesregierung das Urteil ernst, was sie tun sollte, fordern wir die Beteiligung unserer Gewerkschaft. Näher dran ist sonst keiner.

WB

BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 20. Juni 2023 - 2 BvR 166/16, 2 BvR 166/16, 2 BvR 1683/17 - Rn. (1 - 248): www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Downloads/DE/2023/06/rs20230620_2bvr016616.pdf?__blob=publicationFile&v=2

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