25.05.2021

Homeoffice im Vermessungswesen - Erläuterungen zur Rechts- und Vorschriftenlage

© Markus Spiske, Pixabay
© Markus Spiske, Pixabay

Wie alle anderen Bereiche ist auch das amtliche Vermessungswesen von der Corona-Pandemie betroffen und wie in allen Lebensbereichen sind natürlich auch hier die gültigen Rechtsvorgaben zu beachten. Die letzten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und der Corona-Arbeitsschutzverordnung sorgten für Veränderungen. Die Verpflichtung des Dienstherrn Homeoffice anzubieten, wurde von der Corona-Arbeitsschutzverordnung in das Infektionsschutzgesetz übertragen, dafür die Verpflichtung des Dienstherrn wöchentlich zwei freiwillige Tests anzubieten in der Corona-Arbeitsschutzverordnung festgeschrieben

Zuallererst ist die Verpflichtung des Dienstherrn Homeoffice anzubieten näher zu betrachten. Die Formulierung im Infektionsschutzgesetz(§ 28 b Abs.7) lautet: „Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Die Beschäftigten haben dieses Angebot anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen.“

Hier sind zunächst die Begriffe „Büroarbeit“ und „vergleichbare Tätigkeiten“ zu betrachten. Büroarbeiten sind Tätigkeiten, die an einem Arbeitsplatz im Betrieb oder der Dienststelle und nicht in einer Fertigung, Fabrik oder Werkstatt zu erledigen sind. Handwerkliche Tätigkeiten scheiden somit aus. Mit Büroarbeit vergleichbare Tätigkeiten können also alle als nicht an einen Ort, an den Arbeitsplatz im Betrieb oder in der Dienststelle, gebundene Tätigkeiten betrachtet werden. Betrachtet man den Hintergrund der Regelung, nämlich Kontakte nach Möglichkeit zu beschränken oder ganz zu vermeiden, sind vergleichbare Tätigkeiten auch Kontroll- oder Prüftätigkeiten im Außendienst als vergleichbare Tätigkeiten zu betrachten.

Insgesamt ist auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als grundlegendes Prinzip anzuführen. Neben den verfassungsrechtlichen und beamtenrechtlichen Vorgaben (§33 Abs. 4 GG, §45 BStG) greift hier auch noch für allgemeine Arbeitsverhältnisse der § 618 BGB. Der Arbeitgeber hat in diesen Zusammenhängen alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes und der Unfallverhütung zu treffen, die ihm zuzumuten sind.

Beim Gesundheitsschutz geht es auch darum, dienstlich bedingte Personenkontakte zu reduzieren, um so eine Verbreitung des Virus zu verhindern. Die Verpflichtungsregelung bzgl. Homeoffice-Angeboten unterstreicht dabei den Vorrang der Verhältnisprävention vor der Verhaltensprävention. Homeoffice reduziert die Kontakte wirkungsvoller als jede AHA-Regel.

Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben ist Sache des Dienstherrn/Arbeitgebers und liegt im Fürsorgebereich für die Beschäftigten. Im Kern geht es immer um die Frage, wie wirksam eine Infektion und deren Ausbreitung verhindert werden kann. Daher berühren sich hier individuelle Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit eines jeden einzelnen Beschäftigten mit gesamtgesellschaftlichen Anliegen der Bekämpfung der Pandemie.

Die Wahrnehmung der Fürsorgepflicht ist Angelegenheit des Dienstherrn/Arbeitgebers. Am Beispiel von Homeoffice wird aber deutlich, dass ein Angebot hierzu keine Pflicht der Beschäftigten auslöst, es auch anzunehmen und umzusetzen, zumal Alternativen wie zeitversetztes Arbeiten ebenfalls durch die Verordnung ermöglicht werden.

Nicht außer Acht zu lassen sind die Infektionsgefahren auf dem Weg zur Arbeit und auf dem Heimweg durch zusätzliche Kontakte. Durch Homeoffice können auch diese Gefahren vermieden werden.

Eine Ausweitung bisheriger Homeoffice-Möglichkeiten soll ermöglicht werden, wenn keine zwingenden Gründe dienstlicher Art entgegenstehen.

Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf diese Weise zu reduzieren. Insbesondere ist auch die räumliche Situation in der Dienststelle zu betrachten. Aufgrund der Untersuchungen eines Forscherteams der TU Berlin (Covid-19 Ansteckung über Aerosolpartikel Vergleichende Bewertung von Innenräumen hinsichtlich des situationsbedingten R-Wertes, Martin Kriegel, Anne Hartmann, Hermann-Rietschel-Institut, FG Energie, Komfort und Gesundheit in Gebäuden, TU Berlin) sind in Mehrpersonenbüros die Ansteckungsgefahren wesentlich erhöht. Deshalb sind insbesondere Tätigkeiten in einem Großraumbüro aus epidemiologischer Sicht möglichst zu vermeiden.

Ausnahmen für die Angebotspflicht gelten für Tätigkeiten, die nicht von zu Hause aus durchgeführt werden können, d.h. wenn eine physische Anwesenheit am betrieblichen Arbeitsplatz notwendig ist. Die Pflicht, Homeoffice anzubieten, kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn zwingende dienstliche Gründe dem Homeoffice entgegenstehen. Das ist i.d.R. der Fall, wenn in dem Unternehmen die notwendigen Arbeitsmittel für die Bereitstellung von Homeoffice-Arbeitsplätzen fehlen oder die vorhandene IT-Infrastruktur dafür nicht ausreicht. Insgesamt ist hier aber auch die Zumutbarkeit für den Dienstherrn, die IT entsprechend umzustrukturieren und die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu stellen, im konkreten Einzelfall zu beurteilen.

Nach Auffassung der BTBkomba kommt die Verpflichtung zu einem Homeoffice-Angebot auch dann zum Tragen, wenn der überwiegende Teil der Tätigkeiten im Homeoffice erledigt werden kann. Auch hier können durch die Beschränkungen der Kontakte Infektionsgefahren vermieden werden.

Dass die Vermeidung von Kontakten im Vordergrund steht, ist aus der vorigen Fassung der Corona-Arbeitsschutzverordnung zu entnehmen. Das Angebot von Homeoffice ging den anderen Präventionsmaßnahmen vor. Dies vor dem Hintergrund, dass die Infektionsgefährdung dadurch wesentlich minimiert werden kann. Die nachgeordneten Maßnahmen (Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Abstandsregeln, Mindestfläche eines Arbeitsplatzes, Bildung von Kleingruppen etc.) war nachgeordnet, falls Homeoffice nicht möglich ist. Besonders der Punkt Bildung von Kleingruppen betont auch noch einmal die Reduzierung von Kontakten.

Betrachtet man die Tätigkeiten bei Liegenschaftsvermessungen, so fallen die Bürotätigkeiten ins Auge. Hier kann aufgrund der technischen Möglichkeiten durchaus ein wesentlicher Teil im Homeoffice geleistet werden.

Geht man von einer Liegenschaftsvermessung aus, sind die Vorbereitungen bis zum Ausdruck der Fortführungsrisse im Homeoffice möglich. Der Ausdruck ist bei einer Netzwerkumgebung entweder selbst über das Netzwerk oder durch einen Mitarbeiter in der Dienststelle möglich. Hier ist ein Kontakt bei Übergabe auch vermeidbar, selbst bei Abholung findet eine Kontaktreduzierung statt. Der Eintrag des Katasternachweises ist in Ortslagen durch die weitgehenden Festlegungen der Grenzen durch einwandfreie Vermessung problemlos. Bei nicht einwandfreien Vermessungen kann der Katasternachweis je nach Stand der Digitalisierungsarbeiten aus digitalen Unterlagen im Homeoffice erhoben werden. Hier wäre bei nicht vorhandenen digitalen Unterlagen eine vorübergehende Tätigkeit in der Dienststelle gegeben, sofern die Tätigkeit nicht einem in der Dienststelle tätigen Mitarbeiter (s.o.) übertragen wird. Unabhängig von der Art der Erhebung ist die Richtigkeit und Vollständigkeit des Katasternachweises durch Eintragung von Datum und Unterschrift auf dem Fortführungsriss gemäß Nr. 271 (5) VwVLV zu bescheinigen

Die Übertragung der David-KaRIBik-Projekte auf Feldrechner und zurück kann bei Rechnern die von mehreren Personen verwendet werden, ebenfalls einem Mitglied der Kleingruppe in der Dienststelle übertragen werden. Dies wäre eine Möglichkeit der Kontaktreduzierung und entspricht dann der Regelung der Corona-Arbeitsschutzverordnung Kleingruppen zu bilden.

Die nächste Tätigkeit, die Vermessung vor Ort ist ebenfalls durch Zuordnung immer gleicher Personen (Bildung von Kleingruppen) möglich. Durch die immer gleiche Zuordnung von Personen in einer Gruppe ist sichergestellt, dass auch bei Infektionen in einer Gruppe die andere(n) Gruppe(n) die Tätigkeiten übernehmen bzw. fortsetzen können.

Die Ausführung der Vermessung vor Ort obliegt dem Meßtruppleiter. Er erhebt die Tatsachen vor Ort und dokumentiert die Ergebnisse der Liegenschaftsvermessung im Fortführungsriss. Die Ausführung der Vermessung wird von ihm durch Unterschrift auf dem Fortführungsriss dokumentiert. Mit der Unterschrift übernimmt er somit die Verantwortung für die vorschriftenkonforme Ausführung der Vermessung, rechtserhebliche Entscheidungen und Tatsachenfeststellungen der Angaben gemäß Nr. 273 (4) VwVLV.

Die erforderliche Ausarbeitung in dem existenten David-KaRIBik-Projekt kann im Homeoffice erfolgen. Die Übergabe der angefallenen unterlagen kann dann bei der nächsten Vermessung erfolgen. Ein notwendiger Austausch von Papierdokumenten über den fest zugeordneten Kollegen (Fahrzeugführer) reduziert ebenfalls die erforderlichen Kontakte.

Bei entsprechender Gestaltung und Arbeitsplanung unter dem Gesichtspunkt der Kontaktreduzierungen, bzw, Kontaktbegrenzung durch Kleingruppen, ergibt sich eine hohe Sicherheit in der Aufgabenerledigung, da auch im Infektionsfall die Auswirkungen begrenzt sind.

Eine Minderung der Qualität der Vermessungen ist nicht zu befürchten, da zusätzlich durch die Fertigungsaussage (Nr. 29 (1) und Nr. 31 VwVLK), die eine weitere Überprüfung durch einen qualifizierten beamteten Mitarbeiter darstellt, die sachgerechte Ausführung, Vollständigkeit und Richtigkeit bescheinigt wird. Im Sinne dieser Überprüfung der Ergebnisse und der praktischen Durchführung erscheint ein Ortszwang nicht notwendig, wenn die notwendigen Arbeitsmittel im Homeoffice zur Verfügung stehen, was allgemein der Fall sein dürfte. Es ist aufgrund des Hintergrunds der Vorschriften anzunehmen, dass die Fertigungsaussage eigener Vermessungen durch einen anderen beamteten Mitarbeiter zu unterzeichnen ist.

Ebenso ist die Eignungsprüfung (Nr. 33 VwVLK) als weiterer Schritt zur Sicherstellung der Qualität und Richtigkeit der Unterlagen zu sehen. Die auf die Fertigungsaussage gestützte Eignungsprüfung durch einen qualifizierten beamteten Mitarbeiter kann, bis auf den Fall, dass die erforderlichen Katasternachweise nicht in digitaler Form vorliegen, ebenfalls ortsunabhängig erfolgen.

Letztlich bleiben nur die Fortführungsentscheidung und die Übernahme in das Liegenschaftskataster als letzte Schritte. Hier können zwar die Arbeiten aufgeteilt werden, was aber wesentlich von Zahl und Umfang der Vermessungsschriften abhängig sein dürfte.

Als Beleg für die obigen Ausführungen dürfte die nicht unerhebliche Anzahl beigebrachter Vermessungsschriften sein, die unter den oben ausgeführten ähnlichen Bedingungen entstehen. Zahlreiche öffentlich bestellte Vermessungsingenieure haben ihre Mitarbeite ins Homeoffice geschickt, ohne dass die Standards und die Zahl der beigebrachten Vermessungsschriften gelitten haben.

Eine Tätigkeit in der Dienststelle, bzw. Aufsicht durch den leitenden Fachbeamten oder dessen Beauftragten ist, bei vielen Tätigkeiten nicht erforderlich und auch nicht angebracht, da durch die Sicherungsmechanismen der Vorschriften eine ausreichende Kontrolle gegeben ist. Die Gewerkschaft sieht hier keine Hinderungsgründe Homeoffice anzubieten. Einzig und allein der Transport der Unterlagen macht einzelne Kontakte notwendig, die aber durch organisatorische Maßnahmen (Kleingruppen) ohne großen Aufwand wirksam minimiert werden können.

Rücksprachen oder Klärung von Fragen können über die ohnedies erforderlichen elektronischen Kommunikationsmittel und -formen erfolgen. Diese sind im Lauf der Pandemie zunehmend genutzt worden und werden auch in Zukunft genutzt werden. Es werden bleibende Folgen auch aufgrund der zunehmenden Digitalisierung bleiben.

Digitalisierung ist aus Sicht der Gewerkschaft nicht nur die Erfassung und Ablage von PDF-Dateien oder Ähnlichem. Die Digitalisierung ist ein ständiger Prozess, oder wird es werden müssen, der auch die Handhabung der Daten revolutioniert (Dokumentenmanagementsysteme, Datenbanken, Informationssysteme) sowie Arbeitsprozesse (Annahme und Bearbeitung von Anträgen, neue Arbeitsmittel mit zunehmenden Anteilen automatisierter Entscheidungsprozesse (Künstliche Intelligenz)) werden betroffen sein.

Im Übrigen ist anzumerken, dass auf eine gendergerechte Schreibweise bewusst verzichtet wurde. Die Lesbarkeit konnte verbessert und die Länge des Textes verkürzt werden. Dies stellt keine bewusste oder beabsichtigte Missachtung oder Diskriminierung von Geschlechtern dar.

Auf eine Quellenangabe wird verzichtet, da alle Quellen öffentlich zugänglich sind und leicht über die gängigen Recherchesysteme zu finden sind.

Wilhelm Burgbacher
Vorsitzender der Fachgruppe VFL

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