06.06.2017 / Thomas Maier

Die Autobahn GmbH ist beschlossen - Eine Einschätzung

Thomas Maier

Am Donnerstag den 01.06.2017 hat die Große Koalition im Bundestag einen Multi-Milliarden-Deal zur Neuordnung der Finanzen zwischen Bund und Ländern beschlossen. Vielfach ohne die nötige Transparenz wurde an vielen Punkten das Grundgesetz geändert.

Ein großer Teil des Pakets: ist die Autobahn GmbH. Der Bund übernimmt die bisher bei den Ländern liegende Hoheit über Planung, Bau und Betrieb der Fernstraßen und führt sie in einer neuen Infrastrukturgesellschaft zusammen.

Eine Privatisierung der Autobahnen und Bundesstraßen fände nicht statt, Kernforderungen der Gewerkschaften seien durchgesetzt worden, um die berechtigten Interessen der Beschäftigten zu schützen und eine leistungsfähige neue Organisation mit einem attraktiven Arbeitgeber würde geschaffen, so verkauft es die SPD im Bundestag.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wollte mit der Autobahn GmbH ein Unternehmen gründen, das privates Kapital gewinnen und Kredite aufnehmen kann, ohne dass es zur Staatsverschuldung zählt. Das war so gewollt, so dass auch Bauindustrie und die nach rentablen Geldanlagen suchende Versicherungsbranche sich entsprechend beteiligen könnten.

Jetzt wird aber eine direkte Beteiligung Dritter an der GmbH ebenso per Grundgesetz ausgeschlossen wie generelle öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) für das gesamte Bundesautobahnnetz oder das Netz eines ganzen Bundeslandes.

Auf diese Einschränkungen hatten vor allem die Gewerkschaften mit dem BTB Bund an der Spitze und der Bundesrechnungshof gedrängt.

Laut Bundesrechnungshof sind die bisherigen Pilotprojekte für ÖPP im Schnitt rund ein Viertel teurer für den Staat, als wenn er die Straßen selbst gebaut hätte. Alles was Investoren Geld bringt, kostet die Bürger Geld. Eine banale Erkenntnis, die man gerne verschweigt. In bisherigen ÖPP tritt der Staat regelmäßig seine Einnahmen aus der Lkw-Maut auf der Strecke für Jahrzehnte an die Projektgesellschaft ab.

Und genau solche Projekte sind aber in Teilstücken weiterhin möglich.

Eine ganze Reihe davon ist bereits im Gang, Man setzt weiter auf ÖPP der "neuen Generation". Die Koalition begrenzt diese Projekte nun per Gesetz auf höchstens 100 Kilometer Streckenlänge.

Ist das ein Taschenspielertrick und die Autobahnen werden in Teilstücken von 100 km nun doch privatisiert?

Jein. Die Idee einer Privatisierung der Autobahnen war so unpopulär, dass sich alle Parteien im Bundestag dagegen aussprechen. Regierung und Opposition streiten noch darum, ob das neue Gesetz nun Privatisierung genannt werden darf oder nicht.

Die nicht im Grundgesetz eingefügten Privatisierungsschranken können auch mit einfacher Mehrheit nach der Wahl wieder aufgehoben werden. Dann ließe sich die GmbH auch in eine Aktiengesellschaft umwandeln, die Kredite aufnimmt, oder die ÖPP-Längen werden vergrößert.

Der Bürger zahlt in jedem Fall

Unabhängig von der Infrastrukturgesellschaft wurde ja bereits die Autobahn - Vignette beschlossen. Künftig zahlen Autobesitzer für das Recht, Bundesstraßen und Autobahnen zu benutzen - auch wenn sie dafür mit geringerer Kfz-Steuer entschädigt werden. Ab wann, ist jedoch noch unklar.

Dieses Geld kommt nun künftig auch der Autobahn GmbH zugute. Nach den bisherigen Plänen rechnet Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) jedoch nur mit einer halben Milliarde Euro jährlich.

Zum Vergleich: Die vom Konsortium Toll Collect (Daimler und Deutsche Telekom) eingesammelte Lkw-Maut bringt dem Staat fast fünf Milliarden, ab kommendem Jahr soll die Ausweitung auf alle Bundesstraßen weitere zwei Milliarden bringen.

Und es wird noch teurer

Am 31.05. 2017 hat EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc eine Novelle zur EU-Wegekostenrichtlinie vorgestellt. Darin wird als Ziel festgeschrieben, dass "Nutzungsgebühren proportional zur Dauer der Nutzung der Infrastruktur ausgestaltet" werden. Wer viel fährt, zahlt dann auch viel. Das würde dann deutsche Autofahrer natürlich noch stärker belasten, als nur mit den geplanten 130 Euro und mehr Geld in die Kassen der Infrastrukturgesellschaft fließen lassen.

Der Bundestag hat nun in nur 3 Monaten auch teilweise mit Beteiligung von Gewerkschaftsvertretern, Personalvertretungen, dem Bundesrechnungshof und vielen anderen mehr beraten und nun entschieden.

Das wirtschaftliche Eigentum Straße geht nicht an die Gesellschaft über, sondern bleibt beim Bund. Die Übertragung und die Überlassung von (Nießbrauch-)Rechten werden ausgeschlossen. Mautgläubiger bleibt zumindest formal der Bund (für LKW- und PKW-Maut). Zur Herstellung der Präsenz in der Fläche kann die Gesellschaft aber bedarfsgerecht bis zu zehn regionale Tochtergesellschaften gründen.

Für die Gewerkschaften federführend für den BTB Bund und BTBkomba ist das Thema Personalübergang und Rechte der Beschäftigten sehr wichtig gewesen.

Was wurde nun tatsächlich diesbezüglich erreicht:

Der Bund wird alle wechselbereiten Beschäftigten (Beamte, Arbeitnehmer und Auszubildende) unter Wahrung ihrer Besitzstände übernehmen. Es soll keine Rosinenpickerei geben.

Nicht wechselbereite Beschäftigte bei Ländern und Kommunen werden weiterbeschäftigt, deren Personalkosten werden voll erstattet.

Das Widerspruchsrecht wird unmissverständlich verankert:

  • Die Vorschriften des § 613a des BGB über den Betriebsübergang finden Anwendung.
  • Die Weiterverwendung dann erfolgt grundsätzlich am bisherigen Arbeitsplatz und Arbeitsort.
  • Für die Beschäftigten bei der Gesellschaft sind Tarifverträge abzuschließen.
  • Für die Überleitung der Beschäftigten werden Überleitungstarifverträge angestrebt. Beides wird gesetzlich geregelt.
  • Die Personalvertretungen werden an der Arbeit des begleitenden Bund-Länder-Gremiums beteiligt, sofern Belange der Beschäftigten berührt sind.
  • Es wird schneller Sicherheit hergestellt, die Übergangsphase wird verkürzt. Die neue Gesellschaft ist im Jahr 2018 zu gründen.
  • Die Bundesautobahnen werden längstens bis 31.12.2020 in Auftragsverwaltung geführt, ein vorzeitiger Übergang ist ab dem 1.1.2020 möglich.

Fazit

BTB Bund und die anderen beteiligten Gewerkschaften haben einiges erreicht. Eine umfassende weitere Gewerkschaftsbeteiligung leider nicht. Die kommenden Vorgänge müssen deswegen weiter überwacht und kritisch begleitet werden. Die Verwaltungsreform von 2005 in Baden-Württemberg hat gezeigt, dass vieles nicht besser wurde und gut funktionierende Strukturen aus Profitgründen einfach zerschlagen wurden.

 

Es gab einige Profiteure, aber viele Bedienstete waren auch Verlierer. Das darf nicht noch einmal passieren. Wir sollten wachsam bleiben.

 

Thomas Maier

Stv. Vorsitzender

BTBkomba

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